Unruhige Gewässer

03. Mai 2021

Um international Waren zu transportieren, wählen Unternehmen meist den Seeweg, so auch Dobas. Doch die Gewässer waren und sind unruhig. Der Seefrachtmarkt muss einige Herausforderungen bewältigen.

Wer mit Dobas arbeitet, erhält alles aus einer Hand. Das beinhaltet mitunter, dass wir uns um den Transport unserer in der Zentralschweiz produzierten Inneneinrichtungen kümmern und sicherstellen, dass die Einzelteile fristgerecht zur Zieldestination gelangen. 

In der Regel wählen wir für den internationalen Warentransport den Seeweg. Ungefähr 25 Container verschifft die Dobas AG jährlich – in einem normalen Geschäftsjahr jedenfalls. «Normal» war in den verangenen Monaten allerdings und definitiv kein zutreffender Beschrieb für die Weltlage. Die Covid-bedingte Ausnahmesituation wirkte sich natürlich auch auf den grenzüberschreitenden Transport aus. Plötzlich wurde Pünktlichkeit – ein zentraler Wert für Dobas – zu einer unberechenbaren Variable.

Wir haben mit Patrick Rodenburg über die jüngsten Herausforderungen des Seefrachtmarktes gesprochen. Er ist bei unserem Logistik-Partner Agility als Direktor Seefracht Schweiz tätig.
 

Beginnen wir erstmal mit einer Einordnung: Wie relevant ist der Seeweg für den internationalen Handel?
Patrick Rodenburg (PR): Nach Angaben der International Chamber of Shipping (ICS) geschieht rund 90 Prozent des grenzüberschreitenden Warenhandels über den Seeweg. 2019 wurden so über elf Milliarden Tonnen Waren transportiert. Das entspricht fast 1.5 Tonnen pro Person und Jahr.

Jüngst sorgte die Blockade des Suez-Kanals für Schlagzeilen. Welche konkreten Auswirkungen hatte die blockierte «Ever Given» für den Seefrachtmarkt?
PR: Der Suez-Kanal gehört zu den wichtigsten Handelsstrassen und die «Ever Given» mit 400 Metern Länge zu einem der grössten Container-Schiffe der Welt. Das Schiff fasst rund 20'000 Zwanzig-Fuss-Standardcontainer. Die Blockade dauerte fast eine ganze Woche lang. Dies hatte zur Folge, dass Import- wie auch Export-Waren nur mit Verspätung geliefert wurden. Unsere Import-Kunden mussten mit sieben bis 14 Tage Verspätung rechnen. Immer mehr Handelsfirmen wenden eine «Just in time»-Strategie an. Kommt es zu so einem Ereignis wie der Blockade des Suez-Kanals, kann es passieren, dass sich Lagerbestände leeren. Das Problem war mit der Öffnung des Kanals nicht behoben, denn anschliessend fuhren etwa doppelt so viele Schiffe wie üblich durch den Suez. Die Folge waren verstopfte Seehäfen in Europa und vor Anker liegende Schiffe. 

Auch die Covid-Krise hat grosse Auswirkungen auf den globalen Handel und Transport. Welche Herausforderungen entstanden durch die Pandemie?
PR: Aufgrund der verschiedenen Lockdowns anfang des Jahres 2020 kam es zu einem starken Nachfragerückgang für Container-Transporte. Das bedeutete auch, dass sich Reedereien kurzfristig von Leasingschiffen und -containtern trennen mussten. Nachdem Produktionsfirmen ihre Arbeit wieder aufgenommen hatten, mussten die Reedereien diese Schiffe und Container wieder zu wesentlich höheren Kosten leasen. Diese Verteuerung wurde auf die Transportkosten abgewälzt. 
Zudem wurde vermehrt online eingekauft als Geld für Dienstleistungen oder Urlaub auszugeben. Ab Sommer 2020 gab es auf der Fernost-US-Linie eine starke Nachfrage, später auch für die Fernost-Europa-Linie. Das bedeutete unter anderem, dass es einen Engpass beim Schiffsplatz und auch bei den Containtern gab. Die amerikanischen Terminals waren verstopft und kamen nicht mehr mit Entladen der Container hinterher. Es fehlte auch an LKWs und Chassis. In Los Angeles warteten Ende 2020 mehr als 25 Container-Schiffe darauf, entladen zu werden. Ein ähnliches Bild zeigte sich in England und Australien. Durch die Verknappung der Kapazität wurden die Seefrachtpreise wie an der Börse gehandelt. Der Preis für einen Container ab Asien hat sich von Januar 2020 zu Januar 2021 versechsfacht. Die Preise ab Europa steigen erst seit Januar 2021. Da wir auch in Europa seit einigen Monaten an Kapazitäts- und Container-Engpässen leiden. 

Auf dem politischen Parkett gab es in den vergangenen Jahren ebenfalls Ereignisse, die sich auf den globalen Handel auswirkten, etwa der Handelsstreit zwischen den USA und China. Können Sie erläutern, was sie für die Seefracht bedeuten? 
PR: Der Handelsstreit zwischen den USA und China hat unter anderem dazu geführt, dass die Exporte aus anderen Ländern wie Vietnam zugenommen haben. Die Schiffe von Fernost nach Amerika sind weiterhin ausgebucht. Die Nachfrage für die umgekehrte Route, also für Schiffe von Amerika nach Fernost, ist jedoch geringer und die Kosten entsprechend niedriger. Reedereien müssen in der jetzigen Situation die Container leer von Amerika nach Fernost transportieren, um auf dem Trade mit der hohen Nachfrage Umsatz zu generieren. Allgemein kann man sagen, dass die Preise aufgrund sämtlicher Herausforderungen im vergangenen Jahr wesentlich volatiler geworden sind. Früher gab es verbindliche Monatspreise, die zwei Wochen im Voraus festgelegt wurden. Im Moment erhalten wir eine Ratengültigkeit für maximal 14 Tage. Diese Raten werden uns nur kurz vor Beginn der Gültigkeit mitgeteilt. 

Wann darf mit einer Entschärfung der Situation gerechnet werden? 
PR: Die grossen Reedereien haben die grösste Containerbestellung seit 15 Jahren platziert. Es kann wohl erst mit der Lieferung dieser Container und/oder einem Rückgang der Nachfrage von einer Entschärfung ausgegangen werden.

Es gab und gibt viele Herausforderungen für die Logistikbranche. Gibt es auch Chancen, die sich durch die Ereignisse ergeben?
PR: Die Logistik wurde durch die negativen Ereignisse und deren Auswirkungen als wichtiger Teil des Handels wahrgenommen. Ohne Transport gäbe es keinen internationalen Warenhandel. Dies hätte beträchtliche Auswirkungen auf unseren Wohlstand. 

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